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AutorenbildChristian Eckardt

Passagierschiff „United States“ hat neuen Eigner und wird als Riff versenkt



Das Ende für den traditionsreichen Transatlantikliner „United States“ als künstliches Riff ist besiegelt. Der letzte Eigentümer, die gemeinnützige Organisation SS United States Conservancy hat am vergangen Samstag (12.10.2024)  in Philadelphia an Bord des 1952 erbauten Schiffes die Rechte an Okaloosa County übertragen. Damit laufen nun die Vorbereitungen für die Verlegung des stillgelegten Schiffes zur Nutzung eines künstlichen Riffes in Florida im Golf von Mexiko voran.


Laut einer Pressemitteilung der Conservancy war die nun erfolgte Übergabe des knapp 300 Meter langen Schiffes Teil einer gerichtlich angeordneten Schlichtung mit der Penn Warehousing, Betreiber der Pier in Philadelphia, an der das Schiff schon seit vielen Jahren liegt. Damit wird nun ein mehr als zwei Jahre dauernder Rechtsstreit um Liegeplatzgebühren beendet, der von Penn Warehousing angestrengt wurde. Aufgrund eines Gerichtsbeschlusses war die Conservancy mit einem Räumungsbescheid konfrontiert und musste das Schiff bis Mitte September vom Liegeplatz entfernen, was jedoch bisher noch nicht geschah.

„Die Anordnung des Gerichts ließ uns nur ein sehr kurzes Zeitfenster, um einen alternativen Standort für das Schiff zu finden. Tatsächlich hatten wir unsere Suche schon lange vor der Klage von Penn Warehousing gegen die Conservancy Anfang 2022 begonnen“, teilte die Organisation nun mit.

„Nachdem wir jahrelang Kontakt zu privaten Liegeplatzbesitzern, Regierungsbehörden sowie öffentliche Stellen auf lokaler, staatlicher und bundesstaatlicher Ebene aufgenommen hatten, konnten wir innerhalb des gerichtlich vorgeschriebenen Zeitrahmens keinen geeigneten und verfügbaren Standort finden“, so die Conservancy in der Erklärung.

Zudem wurden verschieden Vorschläge zum Kauf und zur Verlegung des Schiffs geprüft, doch keiner dieser Ideen erwies sich innerhalb unserer derzeitigen zeitlichen und logistischen Einschränkungen als realisierbar. Somit blieb der Organisation aufgrund dieser Umstände nur zwei Möglichkeiten, entweder das Schiff zu verschrotten oder es in ein künstliches Riff umzuwandeln und an Land ein entsprechendes Museum einzurichten. „Auch, wenn dies nicht das Ergebnis ist, das wir uns vorgestellt haben, sind wir dankbar, dass das Schiff eine Zukunft hat“, teilte die Organisation mit.


Rund 10 Millionen US-Dollar wurden nun für das Projekt vom neuen Eigner Okaloosa County bereitgestellt. Schon bald soll nun mit den Vorbereitungen für die Versenkung des Schiffs vor Florida begonnen werden. Demnach soll die „United States“ schon bald Philadelphia in Richtung Norfolk verlassen, wo sie in den kommenden Monaten umfangreichen Vorbereitungen unterzogen für das gezielte Versenken, wie das Entfernen umweltrelevanter Stoffe von Bord, unterzogen wird.


Der neue Eigentümer hat auch zugesagt, die Conservancy bei dem Aufbau eines landgestützten Museums und Besucherzentrum finanziell mit zu unterstützen. Dabei sehen die Pläne den Einsatz neuester Technologien, für ein hochmodernes Erlebnis, vor.  Das Museum wird außerdem eine Sammlung von Originalstücken und ehemaligen Kunstwerken vom Schiff erhalten, sowie mindestens einen der ikonischen Schornsteine ​​des Schiffes. Weiterhin sollen einige Räume detailgetreu, unter Verwendung von Originalmaterialien sowie des Radarmastes des Schiffes, nachgebaut werden.


Wir sind davon überzeugt, dass das erfahrene und engagierte Team im Okaloosa County die historische Bedeutung der „United States“ und unser langjähriges Engagement, zukünftige Generationen für diesen einzigartigen Ausdruck amerikanischer Seefahrtsgeschichte und technologischer Innovation zu begeistern und zu unterrichten, voll und ganz zu schätzen weiß“, erklärte die Präsidentin der Conservancy, Susan Gibbs, die Enkelin des Schiffskonstrukteurs der „United States“, William Francis Gibbs.

Nach der späteren Überführung nach Destin-Fort Walton Beach wird das Schiff dann dort im Meer versenkt, um langfristig der dortigen vielfältigen Meeresfauna eine Heimat zu bieten, aber eben auch Taucher und Angler aus der ganzen Welt anzuziehen, wie nun Okaloosa County erklärte. „Der Erwerb der „United States“ wird das weitere Wachstum des robusten künstlichen Riffprogramms von Destin-Fort Walton Beach fortsetzen, dem nach eigenen Angaben aktivsten und größten künstlichen Riffprogramm auf Schiffsbasis in den Vereinigten Staaten.“


Dazu soll die „United States“ eine spannende Ergänzung zu den vielen künstlichen Riffen und Wracks werden, die in Destin-Fort Walton Beach für Taucher zum Erkunden bereits zur Verfügung stehen. Der genaue Einsatzort vor der Küste von Destin-Fort Walton Beach steht noch nicht fest, aber die Planungen sehen einen Einsatz in einer Tiefe vor, die allgemein zugänglich ist und Möglichkeiten für technische Taucher mit Anfängern, Fortgeschrittenen und Expertenniveau bietet.

Wann genau das Schiff dann nach Florida verlegt werden kann ist noch unklar, denn zunächst müssen noch notwendige Umweltsanierungen des historischen Ozeandampfers an einem Liegeplatz in Norfolk erfolgen.  Dabei wurde schon ein Großteil der Inneneinrichtung vor 30 Jahren in der Türkei bzw. in der Ukraine vollständig entkernt und vom Asbest befreit. Nach derzeitigem Stand geht man davon aus, dass die notwendigen Sanierungen mehr als ein Jahr dauern und dass die Vorbereitung zum Verschleppen des Schiffes nach Florida weitere sechs Monate bis ein Jahr dauern kann.



Seit der Schaffung des ersten öffentlichen künstlichen Riffs im Jahr 1976 wurden in den Gewässern vor Destin-Fort Walton Beach 564 Riffe angelegt, seit 2019 sind es über 300. Somit ist das dortige künstliche Riffprogramm eines der aktivsten Programme des Landes und zielt darauf ab, Orte zum Angeln, Tauchen und Schnorcheln zu schaffen, die für Einheimische und Besucher leicht zugänglich sind. Neben Angel- und Tauchplätzen bieten künstliche Riffe zudem einen wichtigen Lebensraum für wichtige Fischarten. Zu den künstlichen Riffen vor Destin-Fort Walton Beach gehören vorgefertigte Betonstrukturen wie unsere Schnorchelriffe, Beton zur Zweitverwendung wie altes Brückenmaterial, überzählige Militärausrüstung oder sogar stillgelegte Schiffe, die absichtlich versenkt wurden, um auf dem Meeresboden zu liegen. So wurden dort schon ehemalige US-Militärschiffe und im letzten Jahr die zwei ehemaligen Offshore-Versorger, die „Manta“ und „Dolphin“ auf 33 Meter Tiefe versenkt.


Bis heute ist die „United States“ Trägerin des Blauen Bandes, für die bislang immer noch schnellste Atlantiküberquerung eines Passagierschiffes. 1952 überquerte das Schiff mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 34,51 Knoten in 3 Tagen, 10 Stunden und 40 Minuten den Atlantik zwischen New York und Southampton. Das Schiff war als Prestigeobjekt so konzipiert, dass es im Kriegsfall schnell für den Transport von bis zu 15.000 US-Soldaten umgerüstet werden konnte. Zu einem solchen Einsatz kam es jedoch nie. Die beiden riesigen Schornsteine brachten dem Schiff den Spitznamen "The Big U" ein.


„United States“ war 16 Jahre Stammgast in Bremerhaven



Zwischen dem 3. Januar 1953 und bis zur Betriebseinstellung im Jahr 1969 lief das Schiff 167-mal die Columbuskaje in Bremerhaven an, zu einer Zeit, als noch Besatzungssoldaten und Truppentransporter das Bild der Häfen bestimmte. Bis zu seiner letzten Fahrt am 7. November 1969 beförderte das legendäre Schiff auf seinen insgesamt 400 Reisen mehr als eine Millionen Passagiere über den Atlantik. An Bord waren unter anderem die US-Präsidenten Eisenhower und Kennedy, der ehemalige deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer, Katharine Hepburn, Marlon Brando und Marilyn Monroe

Im Jahr 1969 wurde das Schiff außer Betrieb gesetzt, nachdem 10 Jahre zuvor die ersten Linienflüge über den Atlantik einen Wendepunkt im Transportwesen darstellten. Denn Flugzeuge waren nicht nur schneller, sondern im Vergleich zu den damaligen Ozeanriesen auch deutlich sparsamer im Treibstoffverbrauch.


Bis 1978 wurde die „United States“ noch als Reserveschiff für die Navy bereitgehalten wurde, aber es gab nie wieder einen Einsatz. Zwischenzeitlich gab es dann immer wieder wechselnde Eigentümer und Ideen über die weitere Nutzung des Schiffes, die aber alle aus finanziellen Gründen scheiterten. Im Jahr 1992 erwarb ein türkischer Reeder das Schiff für 2,6 Millionen Dollar, um es in Istanbul zu einem Kreuzfahrtschiff umzubauen, wohin es dann ein Jahr später auch geschleppt wurde. Doch schon bald stellte sich heraus, dass in dem Schiff Unmengen an Asbest verbaut wurden und die türkischen Behörden das Schiff somit nicht freigegeben konnten.


In einem abgetrennten Bereich des großen Militärstützpunktes der russischen Schwarzmeerflotte in Sewastopol in der Ukraine erfolgte dann zwischen 1994 und 1995 eine aufwendige Asbestsanierung. Doch anschließend hatte der Reeder kein Interesse mehr an dem Schiff und es wurde im Juni 1996 wieder zurück in die USA nach Philadelphia, zu ihrem jetzigen Liegeplatz, geschleppt. Seitdem wartet das leere und rostige Schiff auf eine weitere Verwendung, wenn es nicht auf einer Abwrackwerft enden sollte.

Vor vielen Jahren hat es sich die gemeinnützige Organisation „SS United States Conservancy“ zur Aufgabe gemacht, den einstigen Luxusdampfer zu retten. Im November 2023 wurden Pläne vorgestellt, wie das Schiff umgestaltet werden soll. Dabei sollte es zu einem stationären, schwimmenden Bauwerk mit einer Reihe einzigartiger Gastronomie- und Kulturangebote umgebaut werden. Dazu sollten nach diesen Plänen auf 55.740 Quadratmetern auch ein Hotel und ein Museum von Weltrang gehören. Doch hierfür fand sich all die Jahre kein Investor als auch kein Liegeplatz. Nun wird das Schiff auf dem Grund des Meeres versenkt.


Fotos: SS United States Conservancy

 

 

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