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Kleinstes deutsches Expeditionsschiff „Ulla Rinman“ nimmt wieder Kurs auf Spitzbergen

  • Autorenbild: Christian Eckardt
    Christian Eckardt
  • vor 2 Tagen
  • 4 Min. Lesezeit


Erstmalig werden in diesem Jahr 6-Nächte-Kreuzfahrten durchgeführt


Am Sonntagabend (6.4.), kurz nach Sonnenuntergang, nahm das kleine deutsche Expeditionsschiff „Ulla Rinman“ nach einer mehrmonatigen Winterpause vom Basishafen in Bremerhaven mit dem ablaufenden Wasser wieder Kurs auf Spitzbergen. Rund zwei Wochen dauert die Fahrt von der Wesermündung in den hohen Norden, mit Zwischenstopps in Bergen und Tromsö. Wie das Eignerehepaar Mana und Jan-Friedrich Walter kurz vor der Abreise in das Nordpolarmeer noch mitteilten, gibt es in diesem Jahr aber eine Änderung, denn in diesem Jahr werden nun erstmalig auch Expeditionskreuzfahrten mit dem mittlerweile 55 Jahre alten Schiff angeboten.  



Zwar starten ab Ende April 2023 vom Heimathafen des nordischen Inselarchipels Longyearbyen wieder einige fest gebuchte Forschungs- und Expeditionsreisen rund um Spitzbergen. Doch wie Mana Walter mitteilte, liegen in diesem Jahr aus verschiedensten Gründen eine geringe Anzahl von Anmeldungen für diese Reisen vor, so dass man in Zusammenarbeit mit dem Veranstalter Sitzbergen Reisen erstmals zwei 6-Tages-Kreuzfahrten mit der „Ulla Rinman“ in Spitzbergen im Juni angeboten werden.

Die Fahrt geht dabei vom Heimathafen des nordischen Inselarchipels Longyearbyen, über zahlreiche Begegnungen mit der atemberaubenden Natur Spitzbergens zum nördlichsten Forschungsort Ny-Ålesund. Die Gruppengröße beträgt 4-7 Gäste was für eine individuelle Reisegestaltung und eine persönliche Atmosphäre an Bord sorgt. Der Preis in der Doppelkabine wird dabei vom Veranstalter mit 5.600 € p.P. angegeben. Für das nächste Jahr gibt es nach Auskunft von Mana Walter dann vielleicht noch eine Änderung, dann steht möglicherweise ein Einsatz in Grönland auf dem Routenplan.


Die übrige Zeit dient das eisbrechende ehemalige schwedische Seenotrettungsschiff mit ein paar Helfern und einem Kapitän im Nordpolarmeer als schwimmende „Base-Camp“ für Forschungsteams, Geologen, Archäologen aber auch Filmteams. Denn für derartige Reisen ist das mittlerweile 55 Jahre alte Schiff in der kalten Region prädestiniert. Übernachtungsmöglichkeiten sind auf den felsigen und einsamen Inseln auf Spitzbergen nicht zu finden. Somit bliebt den Forschern nur der Aufbau von Zelten, was aber aufgrund des Dauerfrostes und der Gefahr durch Eisbären, von denen sich rund 3.500 auf Spitzbergen befinden, fast unmöglich ist. Daher fährt die „Ulla Rinman“ mit den Forschern ganz dicht an die Küste und setzt diese dann mit den bordeigenen Zodiac-Booten an Land über. Bis zu 12 Gäste (+ 3 Stammbesatzungsmitglieder) sind an Bord zugelassen, auf den Kreuzfahrten werden aber nur maximal sieben Gäste mitgenommen.



Gebaut wurde die „Ulla Rinman“ vor 55 Jahren auf der Falkenberg Varv und kam im schwedischen Öckerö auf der dortigen Rettungsstation von 1970 für 33 Jahre in den Schären vor Göteborg im Einsatz. Finanziert wurde der Bau des 23,82 Meter langen und 6,9 Meter breiten Kreuzers größtenteils von Spenden der Society of Life Buoys in Göteborg. Daher erhielt das Schiff auch den Namen der Gründerin von Life Buoy, Ulla Rinman. Bei der Ablieferung war der eisverstärkte Rettungskreuzer, der auch in der Baltischen See zum Einsatz kam, mit einer Leistung von 720 PS der zweitstärkste Rettungskreuzer in Schweden. Für den Wintereinsatz war eine besondere Bugbewehrung von 24 Millimeter dicken Stahl notwendig, zudem verfügt das Schiff über Eispropeller aus Edelstahl mit drehbaren Flügeln. Das Deckshaus ist aus Aluminium gefertigt.


Nach einem Einsatz von 33 Jahren wurde das ehemalige Flaggschiff der Naval Rescue Society im Jahr 2003 dann an einen Privatmann im schwedischen Halmstad verkauft. Nach dessen Tod wurde die „Ulla Rinman“ im Jahr 2010 nach Norwegen veräußert und verkehrte seitdem als Forschungs- und Expeditionsschiff auf Spitzbergen für bis zu 12 Passagiere in sechs Kabinen. Das Schiff kann theoretisch aufgrund seines 22 Tonnen fassenden Bunkertanks bis zu sieben Wochen auf See verbringen, einzig der Wasservorratstank fasst nur 3 Tonnen.


Vor sechs Jahren erwarb Jan-Friedrich Walther, der schon seit vielen Jahren eine renommierte Werkstatt für historische LKW im Landkreis Rotenburg betreibt, mit seiner Frau Mana das Schiff, das schon zuvor viele Jahre in Spitzbergen für Forschungsreisen eingesetzt wurde. Nachdem man die „Ulla“ Anfang 2019 nach Deutschland überführte, war sich das Ehepaar nicht ganz so einig, was man mit dem „Schätzchen“ eigentlich machen möchte.


Eine erste Idee war, das Schiff nach Bremen an die Schlachte zu legen und es dort als B&B-Boot anzubieten. Doch diese Idee wurde wieder schnell verworfen und nach der Ankunft in Bremerhaven und einer Überprüfung des Schiffes wuchs die Idee, nach einer neuen Herausforderung. Man wollte selbst als Reeder das Schiff, das sich in einem guten Erhaltungszustand befindet, wieder auf Spitzbergen einsetzen und gründete hierzu das Unternehmen Norlengs. In Bremerhaven wurden dann alle notwendigen Überholungsarbeiten durchgeführt. Doch durch die einsetzende Corona-Pandemie konnte die „Ulla“ nicht so schnell eingesetzt werden wir ursprünglich geplant.  So hat der gelernte Landmaschinenmechaniker Walther in den vergangenen Jahren alle technischen Anlagen an Bord überholt und gewartet. Einige Aggregate wurden auch neu eingebaut und auch gedoppelt. Denn wenn das Schiff in Spitzbergen im Einsatz ist, kann man sich kein Ausfall des Schiffes erlauben, "Ersatzteile sind dort oben nicht so leicht zu bekommen", erklärt Walther. Die Maschinen und Aggregate wurden somit zuvor noch auf Herz und Nieren überprüft und auch auf der Brücke wurden allerlei neue Navigations- und Radargeräte installiert. Zudem wurde auf dem Peildeck eine Wettermessstation vom DWD installiert.


Auch wurden in den letzten Jahren während der Liegezeit in Bremerhaven alle Kabinen und Naßzellen immer weiter modernisiert, wobei es hier im Schiffsbauch rustikal, eher wie auf einem Segelschiff als auf einem Kreuzfahrtschiff, aussieht.






Die Eigner legen bei allen Umbauarbeiten viel Wert darauf, dass das äußere Erscheinungsbild des historischen Schiffes nicht verändert wird, mit einer kleinen Ausnahme: Auf dem Oberdeck wurde eine Plattform für ein zweites, großes und vor allem leistungsstarkes 50 PS-Schlauchboot angebaut, um die Forscher zukünftig sicher an Land überzusetzen.

Spitzbergen ist eine zu Norwegen gehörende, aus über 400 Inseln und Schären zusammengesetzte Inselgruppe im Nordatlantik mit nur rund 2.500 Einwohnern. Ab etwa 1900 wurde Spitzbergen aufgrund seiner reichen Kohlevorkommen besiedelt, und gilt seit einigen Jahren als „größtes Arktisforschungslabor der Welt“

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