Ein letztes Video aus der Hafenstadt Aliaga zeigt das Ende des Kreuzfahrtschiffes „Astor“ auf dem Weg zur Abwrackwerft BMS Gemi Geri Dön, der seinen Betrieb am Strand von Aliaga betreibt. Dort zerlegt das Familienunternehmen bereits seit einigen Jahren direkt auf dem Strand große Hochseeschiffe. Am Montagmittag gegen 14.30 Uhr rauschte dann das 33 Jahre alte Kreuzfahrtschiff „Astor“ bei strahlenden Sonnenschein mit rund 12 Knoten Geschwindigkeit auf den Strand. Man hört auf dem Video noch zwei letzte Hornsignale, dann wurden alle Maschinen endgültig abgestellt. Das Ende eines bei deutschen Gästen sehr beliebten Kreuzfahrtklassikers, der allein seit 2003 über 160-mal am Kreuzfahrtterminal in Bremerhaven festmachte.
Video: Su Üstünde/Youtube
Auf den benachbarten Stränden von Aliaga wurden in den letzten Wochen schon weitere und jüngere Kreuzfahrtschiffe zerlegt, so die „Monarch“ und „Sovereign“ der Reederei Pullmantur Cruises, sowie die „Carnival Fantasy“, „Carnival Inspiration“ und „Carnival Imagination“ der Carnival Cruise Line, alles Opfer der aktuellen Corona-Pandemie. Somit erleidet das ehemals deutsche Schiff das gleiche Schicksal, mit Schneidbrennern und großen Hydraulikscheren wird das Schiff in den nächsten Monaten in seine Einzelteile zerlegt. Ein Teil der Inneneinrichtung wird in der Regel ausgebaut und weiterverkauft. Im Umfeld der Recyclingbetriebe in Aliaga befinden sich unzählige Händler, die gebrauchte Rettungsboote, Getriebe, Motoren aber auch Radaranlagen und Kabineneinrichtungen verkaufen, die vor der Verschrottung noch ausgebaut wurden.
Bis zum Frühjahr wurde die 1986 bei HDW in Kiel erbaute „Astor“ von TransOcean Kreuzfahrten auf dem deutschen Markt betrieben, einem Unternehmen der britischen Reederei Cruise & Maritime Voyages (CMV). Zwar wäre das Ende der „Astor“ auf dem deutschen Markt auch ohne die Pandemie absehbar gewesen, denn der Eigner hatte vor, das Schiff ab dem Jahr 2021 als „Jules Verne“ auf dem französischen Markt einzusetzen, doch dazu kam es nun nicht mehr. Nach Abschluss der letzten Kreuzfahrt in diesem Frühjahr in Bremerhaven, das Schiff kehrte am 11.4. nach Abbruch der Weltreise am 17. März mit 371 Passagieren und 277 Crewmitgliedern wieder zurück nach Deutschland, wurde das Schiff anfangs noch im Neustädter Hafen in Bremen aufgelegt. Bedingt durch die Corona-Krise musste CMV – wie mittlerweile andere Reedereien auch – Insolvenz anmelden. Somit wurde das Schiff nach Großbritannien zurückgeholt und in Tilbury aufgelegt. Dort wurde das Schiff, mit vier weiteren Schiffen von CMV vor einigen Wochen versteigert. Doch die „Astor“, die sich technisch in einem guten Zustand befand, erhielt dabei nur einen sehr geringen Verkaufserlös von nur 1,7 Millionen Dollar – den Schrottwert des Schiffes.
Der neue Eigner hatte es dann doch recht eilig und schon am 7. 11. verlies die „Astor“ den britischen Hafen von Tilbury mit Kurs auf Aliaga in der Türkei, zur Abwrackwerft. Auf dem Weg dorthin gab es vor ein paar Tagen noch einen kurzen Stopp in Griechenland und es keimte ein wenig Hoffnung auf, dass das klassische Kreuzfahrtschiff doch noch an der Abwrackwerft vorbeikommen würde. Eine Fangruppe aus ehemaligen Passagieren und Besatzungsmitgliedern der "Astor" hatte nach der Versteigerung eine Rettungsaktion gestartet und Investoren angesprochen. Doch in der Kürze der Zeit konnten nicht genügend Mitstreiter gefunden werden, um das Schiff dem türkischen Abwrackunternehmen BMS abzukaufen.
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