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  • AutorenbildChristian Eckardt

Aufgelegter Passagierdampfer „United States“ muss in drei Monaten den Liegeplatz in Philadelphia verlassen



 

Schon wieder eine ungewisse Zukunft für die Trägerin des Blauen Bandes

 

Seit 28 Jahren liegt der traditionsreiche amerikanische Passagierdampfer „United States“ nun schon am Pier 82 in Philadelphia auf. Doch nach einem Urteil des US-Bezirksgerichts muss das Schiff nun den Liegeplatz bis zum 12. September 2024 räumen, so die leitende Richterin des Anita Brody.

 

Das Urteil beruht auf einen Streit über Liegeplatzgebühren zwischen der dem aktuellen Eigner des Schiffes, der gemeinnützigen Organisation SS United States Conservancy und dem Eigner der Pier, der Penn Warehousing. So soll Penn Warehousing die tägliche Liegegebühr im August 2021 von 850 auf 1.700 Dollar verdoppelt haben. Die Conservancy zahlte weiterhin den vertraglich festgesetzten Satz. Im März 2022 kündigte Penn Warehousing dann den Mietvertrag mit der Begründung, dass die Miete nicht bezahlt worden sei und dass Schäden am Pier entstanden seien.

 


Auch wenn die Conservancy nun in aller schnelle einen neuen Liegeplatz finden musst, bezeichnet die Organisation das Urteil als Sieg. Denn das Gericht hatte festgestellt, dass Penn Warehousing die Liegegebühren für das Schiff nicht verdoppeln durfte. „Auch wenn die Conservancy im Recht war und nicht gezwungen wurde, dem Pierbetreiber eine hohe Mietschuld zu zahlen, macht das Urteil deutlich, dass dieses ikonische amerikanische Symbol in Gefahr ist“, sagte die Präsidentin der Conservancy, Susan Gibbs, die Enkelin des Schiffskonstrukteurs William Francis Gibbs.

 

„Die Entscheidung des Richters gibt uns ein sehr begrenztes Zeitfenster, um ein neues Zuhause für die „United States“ zu finden und die notwendigen Mittel aufzubringen, um das Schiff zu bewegen und in Sicherheit zu bringen. Wir müssen beides tun, um das tragische Schicksal zu verhindern, für dessen Verhinderung zahllose Unterstützer aus aller Welt seit über einem Jahrzehnt kämpfen“, sagte Gibbs.

Die Conservancy teilte nun mit, dass sie in der Gegend von Philadelphia und entlang der US-Ostküste aktiv nach möglichen Anlegestellen suche, die für den fast 300 Meter langen Ozeandampfer geeignet seien. „Wir haben uns auch gezielt an Bundes- und Landesbehörden gewandt, die uns bei diesem Vorhaben helfen könnten“, hieß es in einer Erklärung der Gruppe. 


Bis heute ist das Schiff Trägerin des Blauen Bandes, für die bislang immer noch schnellste Atlantiküberquerung eines Passagierschiffes. 1952 überquerte die rund 300 Meter lange „Big U“ mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 34,51 Knoten in 3 Tagen, 10 Stunden und 40 Minuten den Atlantik zwischen New York und Southampton. Das Schiff war als Prestigeobjekt so konzipiert, dass es im Kriegsfall schnell für den Transport von bis zu 15.000 US-Soldaten umgerüstet werden konnte. Zu einem solchen Einsatz kam es jedoch nie. Zwischen 1953 und bis zur Betriebseinstellung im Jahr 1969 lief das Schiff 167-mal die Columbuskaje in Bremerhaven an zu einer Zeit, als noch Besatzungssoldaten und Truppentransporter das Bild der Häfen bestimmte. Bis zu seiner letzten Fahrt am 7. November 1969 beförderte das legendäre Schiff auf seinen insgesamt 400 Reisen mehr als eine Millionen Passagiere über den Atlantik.



Im Jahr 1969 wurde das Schiff außer Betrieb gesetzt, nachdem 10 Jahre zuvor die ersten Linienflüge über den Atlantik einen Wendepunkt im Transportwesen darstellten. Denn Flugzeuge waren nicht nur schneller, sondern im Vergleich zu den damaligen Ozeanriesen auch deutlich sparsamer im Treibstoffverbrauch.

 

Bis 1978 wurde die „United States“ noch als Reserveschiff für die Navy bereitgehalten wurde, aber es gab nie wieder einen Einsatz. Zwischenzeitlich gab es dann immer wieder wechselnde Eigentümer und Ideen über die weitere Nutzung des Schiffes, die aber alle aus finanziellen Gründen scheiterten. Im Jahr 1992 erwarb ein türkischer Reeder das Schiff für 2,6 Millionen Dollar, um es in Istanbul zu einem Kreuzfahrtschiff umzubauen, wohin es dann ein Jahr später auch geschleppt wurde. Doch schon bald stellte sich heraus, dass in dem Schiff Unmengen an Asbest verbaut wurden und die türkischen Behörden das Schiff somit nicht freigegeben konnten.

 

In einem abgetrennten Bereich des großen Militärstützpunktes der russischen Schwarzmeerflotte in Sewastopol, Ukraine erfolgte dann zwischen 1994 und 1995 eine aufwendige Asbestsanierung. Doch anschließend hatte der Reeder kein Interesse mehr an dem Schiff und es wurde im Juni 1996 wieder zurück in die USA nach Philadelphia, zu ihrem jetzigen Liegeplatz, geschleppt. Seitdem wartet das leere und rostige Schiff auf eine weitere Verwendung, wenn es nicht auf einer Abwrackwerft enden sollte.

 

Schon seit vielen Jahren hat es sich nun die Organisation „SS United States Conservancy“ zur Aufgabe gemacht, den einstigen Luxusdampfer zu retten. Im November 2023 wurden Pläne vorgestellt, wie das Schiff umgestaltet werden soll. Auf die Weltmeere wird es demnach nicht mehr fahren, vielmehr soll es zu einem stationären, schwimmenden Bauwerk werden mit einer Reihe einzigartiger Gastronomie- und Kulturangebote. Dazu sollen nach diesen Plänen auf 55.740 Quadratmetern auch ein Hotel und ein Museum von Weltrang gehören. Wo das passieren wird, ist aber immer noch nicht klar. Nun kommt aktuell noch das Problem mit der kurzfristigen Räumung des Liegeplatzes hinzu.



Alle Fotos:  SS United States Conservancy

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