Austern, Wattwürmer und Kegelrobben statt Gletscher und Eisbären
In diesen Tagen startet die erste deutsche Expeditionsreise von Hamburg in das norddeutsche Wattenmeer von Adler Expeditions, einer sehr spontanen Neugründung von Reeder Sven Paulsen aus Sylt, die in den Zeiten der Corona-Pandemie entstanden und erst Anfang Juli aus der Taufe gehoben wurde. Im Rahmen einer Positionierungsfahrt von Sylt über Amrum und Helgoland stellte Paulsen mit seinem Partner Christian Kruse das neue Konzept mit dem Charterschiff „Quest“ Geschäftspartnern und Medienvertretern vor und traf am Montagabend am Kreuzfahrtterminal Steinwerder erstmalig in Hamburg ein. Bis in den Oktober hinein werden nun 5-Tages-Expeditionen direkt von Hamburg mit dem kleinen Expeditionsschiff „Quest“, angepasst an die aktuellen Hygienevorschriften, durchgeführt. Dabei führt die Reise für die normalerweise in Spitzbergen oder Grönland verkehrende eisverstärkte „Quest“, die sich da auf Sightseeing-Touren durch die Eis- und Gletscherwelt befindet, nun über Helgoland, Sylt, Amrum, die Halligen ins Weltnaturerbe Wattenmeer mit seiner vielfältigen Flora und Fauna. Dabei erwarten die Gäste umfangreiche und naturwissenschaftlich begleitete deutschsprachige Führungen, von Wattwandern bis zur Exkursion zu den Rastplätzen der größten Raubtiere Deutschlands, auf die Düne der Insel Helgoland.
Auch Reeder und Geschäftsführer Sven Paulsen war durch den Lock-down in der Tourismusbranche mit seinem Fähr- und Fahrgastunternehmen Adler Schiffe und weit mehr als 400 Mitarbeitern an Land und auf den insgesamt 27 Fahrgastschiffen durch die Corona-Zeit sehr schwer getroffen. Das Unternehmen, das zwischen der Weser und der polnischen Grenze in den verschiedensten Bereichen der Fahrgastschifffahrt tätig is, feiert in diesem Jahr seinen 70. Geburtstagulsen und sein Team haben die aktuelle Coronazeit für neue Projekte und Konzepte genutzt, die auch mit und nach Corona tragfähig sind mit dem Ziel den Gästen einen erlebnisreichen Urlaub im eigenen Land zu ermöglichen. Dennoch möchte Paulsen, der seit 38 Jahren das Familienunternehmen in zweiter Hand führt, dem Massentourismus an der Küste entgegenwirken und trotzdem den Inlandstourismus positiv weiterentwickeln.
Abhängig von der aktuellen Wetterlage und den Gezeiten nimmt die „Quest“ mit der reduzierten Anzahl von nur 48 Gästen in 24 Kabinen Kurs von Hamburg auf die Nordsee. Dabei ist die nur 49,6 Meter lange und 11 Meter breite eisverstärkte „Quest“, ein kleines Expeditionsschiff des norwegischen Tourismuskonzerns Arctic Travel Company, genau die richtige Größe für ein umfassendes Wattenmeer-Erlebnis mit einem Tiefgang von nur 3,5 Metern. Das Schiff wurde 1992 in Dänemark als kleine Passagierfähre für einen Einsatz in Westgrönland gebaut und im Jahr 2008 umfangreich zum Expeditionskreuzfahrtschiff umgebaut. Für die Unterbringung der Gäste stehen heute drei Außenkabinenkategorien im schlichten Design mit eigener Naßzelle zur Verfügung. Durch die geringe Größe können kleine Häfen im Wattenmeer erreicht werden, für die andere Kreuzfahrtschiffe viel zu groß wären. Zudem werden sechs Zodiacs mitgeführt, auf denen die Gäste zu kleineren Anlegestellen übergesetzt werden können. Im Vergleich zu den großen Kreuzfahrtschiffen gibt es an Bord der Quest bis auf ein Restaurant, einer fast 360° Aussichtslounge, in der auch Fachvorträge gehalten werden, keine weiteren öffentlichen Einrichtungen, das Fahrerlebnis sind nun einmal die Destinationen. Hierfür gibt es einen begehrbaren Bug, so dass man die Naturschönheiten aus nächster Nähe betrachten kann. Eine 28köpfige Crew für Nautik und Service vornehmlich aus Osteuropa, kümmert sich um das Wohl der Gäste und die sichere Fahrt durch das Wattenmeer.
Derzeit weist der erfahrende Schiffskoch Jeys Waren Thisay, geboren in Ceylon, aufgewaschen in Bremervörde und nun dauerhaft wohnhaft in Norwegen, die Köche in die kulinarischen Wünsche der deutschen Gäste hin, so dass neben lokalen Spezialitäten, dazu gehört auch selbstgemachte Rote Grütze, Sylter Austern oder auch Labskaus, weitere Lieblingsspeisen der Deutschen Gäste auf dem Menüplan zu finden sind. Als Leiter des Expeditionsteams konnte Sven Paulsen Christian Kruse gewinnen, der über weitreichende Expeditionserfahrung in den polaren Gewässern der Arktis und Antarktis verfügt. „Ich freue mich, dass ich mit Christian einen Expeditionsprofi für das Projekt gewinnen konnte.“, so Paulsen. Und auch Christian Kruse, der jedes Jahr die entlegensten Regionen der Erde besucht, steht mit ganzer Kraft hinter dem Vorhaben: „Immer wieder aufs Neue bin ich begeistert von den aktiven und authentischen Naturerlebnissen“ Mit diesen nachhaltigen Reisen direkt vor der Haustür liegt das Unternehmen somit voll im Trend.
Reeder Sven Paulsen hatte die Idee der Wattenmeerreisen schon länger geschmiedet, hatte hierfür nur nie das passende Schiff finden können. Die Reederei ist Nationalpark-Partner und weiß um die Sensibilität des Wattenmeeres. Aus diesem Grund sind von Beginn des Projekts an alle relevanten Naturschutzorganisationen, z.B. die Schutzstation Wattenmeer, das Nationalparkamt in Tönning und das Erlebniszentrum Naturgewalten Sylt vom Alfred-Wegener-Institut, mit einbezogen worden. Eine große Herausforderung für alle Beteiligten war in der Kürze der Zeit ein umfassendes Hygienekonzept für eine sorgenfreie und sichere Reise zu erstellen, dabei ist das Tragen einer Maske im Inneren des Schiffes verpflichtend. Paulsen ergänzt „Unser Ziel ist klar: Viel Natur, viel frische Luft, so wenig Maske wir möglich und keine Menschenaufläufe“, so Paulsen.
Es gibt schon eine rege Nachfrage nach diesen Reisen und Paulsen ist optimistisch: „Das Reisen wird sich durch Corona maßgeblich verändern. Wir möchten mit diesem Schritt etwas für die Küstenregion tun und den heimischen Urlaub noch attraktiver machen.“, so der Reeder. „Wir haben so schöne Orte direkt vor der Tür – das Wattenmeer ist einzigartig auf dieser Welt und das wollen wir auf dieser Expedition mit erfahrenen Guides kompakt, erlebnisreich und informativ vermitteln ... in einem kleinen exklusiven Rahmen ohne Massen.“ Die „Quest“ wird für Adler Expediton im nächsten Jahr nicht weiter zur Verfügung stehen, so dass sich der Reeder Gedanken macht, mit welchem Schiff derartige Reisen durchgeführt werden könnten. Neben einem Charterschiff gibt es auch die Überlegung ein älteres Bestandschiff aus der Adler-Flotte komplett umzubauen. Aber dieser Gedanke wird erst nach Abschluss der aktuellen Expeditionssaison weiterverfolgt.
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